Baunscheidtieren

Das Baunscheidtieren ist alternativmedizinische Behandlungsmethode, die der Akupunktur ähnelt. Das Baunscheidtiergerät ist ein Stichler mit 33 Nadeln, mit dem die Haut oberflächlich verletzt wird. Neben dem Braunscheidtiergerät gibt es noch den Vitralisator, die Baunscheidt-Gabel und den Baunscheidt-Hammer.

Baunscheidt entwickelte das Verfahren nicht für spezifische Erkrankungen. Er ging davon aus, dass sich bei Krankheit etwas Störendes im Organismus befand. Das muss wieder aus dem Körper heraus. Dennoch gibt es einige Erkrankungen, bei denen sich das Baunscheidtieren besonders bewährt hat:
 
- Schmerzen durch degenerative Veränderungen des Bewegungsapparates
- Neuralgische Beschwerden und Schmerzen
- Allgemeine Infektanfälligkeit und chronische Infekte
- Akute und chronische Entzündungen
- Reizmagen ("nervöse Gastritis"), "Magenschwäche"
- Exkretorische Pankreasschwäche
- Chronische Obstipation und Reizdarm
- Psychische Labilität, vegetative Dysregulationen, klimakterische Depressionen, Melancholie
- Bei Kindern: Infektanfällige Kinder mit z.B. chronische Tonsillitis, Enuresis und Impffolgen in Form von Gelenkbeschwerden und Adynamie (Schwäche)
- Schwindel und Ohrensausen

Die Baunscheidt-Therapie ist nach Carl Baunscheidt benannt. Dieser litt durch falsche Ernährung an Gicht und entdeckte, dass ihm Mückenstiche Hilfe bei den Gichtschmerzen brachten. Er entwickelte das Baunscheidt-Verfahren, um die Wirkung der Mückenstiche nachzuahmen. Er ging davon aus, dass durch den Stich der Mücke und ihr Sekret krankhafte Stoffe aus dem Körper entweichen konnten. Das Baunscheidtieren ist die bekannteste aller ausschlagerzeugenden Methoden und wird zu den Ausleitungsverfahren gezählt. Die Nadeln dringen nur so tief ein, dass noch kein Blut austritt. Die Tiefe der Stiche kann eingestellt werden - je nach Dicke der Oberhaut in dem zu baunscheidtierenden Gebiet.

Vor der Anwendung des Lebensweckers wird die Haut desinfiziert. Anschließend wird ein bestimmter Bereich mit dem Gerät sanft oder kräftig gestichelt. Dies geschieht bevorzugt auf dem Rücken in der Nähe der Wirbelsäule. Manchmal wird auch an Brustkorb, Armen, Unterschenkeln oder Gesäß gestichelt. Die Einstiche sorgen für eine Hautreizung und lösen einen leichten Schmerz aus. Danach wird die betroffene Stelle mit dem sogenannten Baunscheidt-Öl eingerieben. Dies geschieht meist mit einem sterilisierten Watteträger und Einmalhandschuhen, um Infektionen zu vermeiden. Nach der Therapie wird ein rutschfester Verband angelegt, welcher für drei bis fünf Tage auf der behandelten Haut verbleiben muss. Je nachdem, welche Art von Öl verwendet wurde, bilden sich unter dem Verband Quaddeln (Hauterhebungen), ein Erythem (Hautrötungen) oder eitrige Pusteln. 

Heute enthalten Baunscheidt-Öle meist hautreizende Stoffe wie Senföl, Euphorbiumsaft, Cantharidin oder Wacholderöl. Sie verursachen keine so starken Reaktionen wie nach alter Tradition hergestellte Öle mit Krotonöl. Es kommt meist nur zu Quaddel-Bildung und Hautrötung (Erythem). Dadurch kommt es im betroffenen Areal zu einer Anregung der lokalen Durchblutung. Reflexartig werden auch die Organe angeregt, die mit dem jeweiligen Hautareal in Beziehung stehen. Das führt zu einer allgemeinen Kräftigung. Außerdem hat das Verfahren einen Effekt, der einer Lymphdrainage ähnelt. Der Lymphfluss wird angeregt, um Gift- und Krankheitsstoffe aus dem Körper zu leiten. Weil das Verfahren eine Entzündung hervorruft, werden Abwehrprozesse gestartet. Das kann auch die Immunabwehr des Körpers stärken. Es muss immer darauf geachtet werden, dass der Patient nicht allergisch auf einen der Bestandteile reagiert. Natürlich kann die Hautreizung auch zu einem Jucken oder Schmerzen und Entzündungen an der betroffenen Stelle führen. Außerdem kann es nach dem Baunscheidtieren in seltenen Fällen zu einer Hyperpigmentierung (Pigmentflecken) kommen.

Die Baunscheidt-Therapie darf nicht auf bereits bestehenden Entzündungen angewendet werden. Das gilt auch für Muttermale und Narben sowie akute Hautkrankheiten und -infektionen. Auch bei Personen mit Fieber oder Autoimmunerkrankungen darf das Verfahren nicht genutzt werden. Kinder unter zehn Jahren dürfen ebenfalls keine Behandlung nach Baunscheidt erhalten. Bei ihnen ist es allerdings möglich, das Hautsticheln wegzulassen und nur das Öl auf die Haut aufzutragen.